
Berlin Marathon – 24. September 2017
Das Ende der Laufsaison steht vor der Tür und sollte beim Berlin Marathon seinen Höhepunkt für mich erreichen.
Sollte… Mein rechtes Knie muckt rum, mein Schienbein ebenfalls und der Schmerz im Fuß von dem reden wir erst gar nicht. Mein letzter langer Lauf war vier Wochen her und war der 30er beim Lahnparklauf. Die Zeit super, dafür brauchte ich zwei Wochen um mich davon zu erholen. Ich schraubte das Training runter, machte weniger bis gar nichts. Am letzten Sonntag vor Berlin sollten es nochmal lockere 10-12km werden – abgebrochen habe ich nach 4km. Es war zum heulen und das tat ich auch. Eine Woche vor Berlin entschied ich den Marathon nicht zu laufen. Ich sprach aus, was ich schon Wochen im Kopf hatte. Punkt.
Quark, Wunderheiler und 3 Kilometer laufen – so sah meine Woche vor dem Marathon aus. Der Drops ist gelutscht. Berlin wollt ich mir trotzdem nicht nehmen lassen. Wenn ich schon selbst nicht laufe, wollte ich wenigstens anfeuern.
Freitag also Koffer packen und auf jeden Fall sollten Laufsachen mit, vielleicht ist das Wetter toll und man kann ne kleine Runde probieren. Samstag dann Abflug nach Berlin – ab auf die Messe. Alles abholen, war ja schließlich bezahlt. 😉 und so langsam reifte ein Gedanke in mir: ich will es doch probieren! Angriff statt kneifen! Aussteigen kann ich im Zweifel immer noch, aber ich will nicht sagen ich habe es nicht probiert. Abends noch die Startnummer ans Laufshirt, Pasta im Hotel essen und den Wecker auf 5:30 Uhr stellen. Gute Nacht.
Raceday…
… da ist er nun, der Tag der Tage – das Ende einer langen Laufsaison. Berlin. 5:30 Uhr. Nieselregen. Eckelwetter. Bestes Wetter um im Bett zu bleiben. Ich steh auf, frühstücke im Hotel Vollkornbrot mit Honig, dazu Kamillentee. Läuferfrühstück eben. Anziehen und um 7 gehts Richtung Brandenburger Tor. Hier ist schon ordentlich was los, Massen von Läufern sind zu sehen und es werden minütlich mehr. Kurz vor 8 bin ich in meinem Startblock. Noch zwei Stunden und es geht los. Die Zeit vergeht relativ schnell. Alle hier sind gut drauf, lachen oder erzählen das es heute ihr erster Marathon ist. Ich lese die Sprüche auf den Laufshirts und muss lachen – Motivation pur. Eine Läuferin neben mir hat sich ihr Motto auf den Unterarm geschrieben: not time – distance. Das sollte auch meines werden. Kurz vorm Start sehe ich die Zugläufer für die 5 Stunden. Damit wäre ich heute mehr als zufrieden, ich wollte sie im Auge behalten.
42195 Meter durch Berlin…
Startschuss = Dauergrinsen. Es geht los. Ich teilte mir den Lauf im Kopf in 10er Abschnitte ein und überlegt mir für wen ich diese laufen wollte, die letzten 2,195km sollten nur für mich sein… falls ich soweit komme. Die ersten 10 laufen gut, der Halbmarathon war auch easy in der Tasche – sofern man von den Zeiten absah. Bei 30 Kilometern rief ich meinen Mann und sagte ihm das ich es ins Ziel schaffe. Ab Kilometer 35 wurde es hart und ich musste kurz gehen und bei 37 nochmal. Aber es ging immer weiter, die Musik an der Strecke und das Publikum trugen mich. Bei Kilometer 38 hörte ich zwei Läufern zu, die beiden hatten keinen Bock mehr und versuchten sich durch lockere Sprüche zu motivieren. Ich musste mich darüber so kaputtlachen, dass ich meinen eigenen Schmerz total vergessen habe. Es war einfach nur ein Fest. Ein letztes Mal links abbiegen und da ist es, das Brandenburger Tor und dahinter das Ziel. Ein kurzes Stück, ein letzter Schlusssprint, ein Wille der heut stärker war als der trübste Gedanke.
Im Ziel laufen dann erstmal die Tränen. Ich bekomme die Medaille umgehängt und hole meinen Poncho.
Gedankenkarussell…
Ich habe es echt geschafft – ich bin im Ziel angekommen – ich bin 42,195 Kilometer gelaufen – ich habe nicht aufgegeben.
Ich kann es nicht fassen… dafür das ich bis Freitag gar nicht laufen wollte, am Samstag über Ausstiegspunkte nachgedacht habe, habe ich es tatsächlich ins Ziel geschafft. Mit der Zielzeit von 4:46 kann ich leben, denn darum sollte es ja heute auch gar nicht gehen. Berlin, du warst toll und die Stimmung ein Fest.
Wenn du selbst nicht an dich glaubst und aus dem Stand nen Marathon rockst, dann hat man wohl die richtigen Personen an seiner Seite.